Mani, Manichäismus

 Eine bedeutende Linie der gnostischen Überlieferung (→ Gnosis) ist die Religion des persischen Weisen → Mani (ca. 216-276 n. Chr.). (Portrait)

Schon in seiner Jugend hatte Mani Offenbarungserlebnisse von dem → Paraklet oder Heiligen Geist. Er entwickelte eine komplexe Kosmologie von sieben großen Tagen (unsere Erde ist der vierte) und vier großen Nächten, mit dem wichtigsten Moment, dass sich der Sohn des Vaters (Urmensch) aus der Lichtwelt in die Welt der Finsternis opfert, um dadurch zu ermöglichen, dass die Finsternis verwandelt werden kann. Auf diese Weise ist das christliche Prinzip “liebe deine Feinde” im Manichäismus zur Kosmologie erweitert worden.
Seine Reisen in den Osten hatten Mani in Kontakt mit dem → Zoroastrismus und dem → Mahayana-Buddhismus gebracht. Er sah jedoch die Beschränkungen dieser → Religionen, die nur in einzelnen Sprachen und für einzelne Völker Verbindlichkeit besaßen, und deren Angehörige sich oft untereinander um die Auslegung der Lehre stritten. Daher war er bemüht, die Schriften seiner Religion noch zu seinen Lebzeiten aufschreiben zu lassen, die Lehre eindeutig zu formulieren, um Auslegungsstreitigkeiten und Gruppenbildung bzw. → Schismen zu vermeiden und sie weltweit zu verbreiten.
Aus seinem umfassenden Christusverständnis heraus hat Mani in seinen Manichäismus einen bewussten → Synkretismus (also eine Vermischung verschiedener Elemente älterer Religionen) integriert, da er diese als authentisch anerkannte. Das wird verständlich wenn er sagt, Christus habe vor seinem Erdenleben Lichtapostel zu den verschiedenen Völkern geschickt: → Lao Tse nach China, → Zarathustra nach Persien, → Buddha nach Indien, → Hermes nach Ägypten, → Plato nach Griechenland und → Abraham nach Palästina. Dadurch vermochte der Manichäismus sehr gut an die anderen Religionen anzuknüpfen. Mani wollte mit seiner Lehre zu einem bruderschaftlichen Verständnis in der Menschheit beitragen.
Jahrhunderte lang wurde davon ausgegangen, dass ein strenger → Dualismus von Gut und Böse (Licht und Finsternis, Seele und Körper) das entscheidende Kennzeichen dieses Glaubenssystems sei. Neuste wissenschaftliche Forschungen können jedoch zeigen, dass es sich schon immer um einen gemäßigten Dualismus handelte. Ziel war es gewesen, durch → Askese und reinigende sakrale Handlungen ein zum Blühen bringen von Weisheit und Liebe, um die (Licht-)Seele vom Kreislauf der Wiedergeburt (→ Reinkarnation) zu befreien und so ihre Wiedervereinigung mit dem Göttlichen zu ermöglichen.
Durch die Entdeckung des → Kölner Mani Kodex (1969) ist bekannt geworden, dass Mani bei den jüdisch-christlichen → Elchasaiten aufgewachsen ist - im Land zwischen Eufrat und Tigris. Es galt zwar als ausgemacht, dass der Manichäismus eine Weltreligion war, die sich vom Atlantischen- bis zum Stillen Ozean erstreckte. Aufgrund des Fundes von 1969 wurde jedoch die Auffassung aufgegeben, der Manichäismus sei lediglich eine persische Religion gewesen; er steht jetzt für eine Haupströmung des Christentums. Der → Kirchenvater Augustinus war selbst neun Jahre Manichäer gewesen bevor er dann mit seiner Streitschrift “Contra Faustum” die Philosophie und Christologie von Mani bekämpfte.
Die Idee der → Erbsünde hat Augustinus aus seiner manichäischen Jugend entlehnt; dort hat es die Bedeutung von → Karma. Mit den gleichen Argumenten, welche Augustinus gegen den → Manichäismus vorbrachte, haben die Dominikaner im Mittelalter die → Katharer bekämpft, die von den manichäisch-gnostischen Lehren beeinflusst waren. Die Katharer (die „Reinen“), ein Sammelname, den sich eine Reihe → häretischer christl. Sekten gegeben hatte, breiteten sich vom 11. bis zum 13. Jh. in Westeuropa aus und der Manichäismus verstärkt in östlicher Richtung. Er verbreitete sich über den Iran, Afghanistan, Indien, Chinesisch-Turkestan und Zentralasien bis nach China und fasste im westlichen Tibet Fuß, wo er die einheimische, schamanistische Bön-Religion und den Lamaismus (→ tibetischer Buddhismus) beeinflusste. Beim Türkvolk der Uiguren wurde der Manichäismus sogar Staatsreligion. Der manichäische Einfluss war über 1000 Jahre lang im Buddhismus und Islam wirksam bis er ausnahmslos ausgerottet wurde.
Im 20. Jahrhundert hat → Rudolf Steiner, der diese Geistesströmung sehr würdigte, auf die Wichtigkeit einer ethischen Haltung bis in die ferne Zukunft hingewiesen. Sie manifestiert das manichäische Prinzip der Liebe, worin sich das Gute ohne sein Wesen zu verlieren, in Liebe mit dem Böse vermischt, so dass es letztendlich verwandelt werden kann.


https://www.ewigeweisheit.de/sites/default/files/bilder/manichaeismus-karte_ewigeweisheit.jpgSchaubild: Ausbreitung des Manichäismus

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Rezension des Buches  von Roland van Vliet vom Manisola-Institut

 

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